Rahel-Varnhagen-Blog

Interview mit Gina Wrobel, Abitur Sommersemester 2009

Wie haben Sie von der Abendschule/ der Möglichkeit, den Abschluss nachzumachen, erfahren?

Ich habe im Internet gezielt gesucht!

Wie hat Ihr persönliches Umfeld reagiert? Mussten Sie etwas vorbereiten und organisieren, um die Schule zu besuchen?

Meine Familie und Freunde fanden es gut. Meinem Arbeitgeber und Kollegen habe ich nichts gesagt. Manchmal war es schwierig, weil ich an den Schultagen immer früher Feierabend machen musste (zum Glück hatte ich sowieso Gleitzeit und konnte auch eher anfangen oder an anderen Tagen länger arbeiten).

Was war der Anlass/Grund, einen Abschluss nachzumachen?

Ich wollte studieren.

Wie ging es weiter nach der Schule?

Ich habe im Sommer 2009 meinen Abschluss gemacht und im Herbst direkt mit dem Studium angefangen (Bachelor Europäische Kultur, Germanistik und Englisch). Ich habe meinen Job gekündigt und bin nach Luxemburg gezogen, um dort zu studieren. Ich habe elternunabhängiges Bafög erhalten. Im ersten Jahr war alles etwas knapp, ab dem zweiten Jahr habe ich einen Nebenjob an der Uni bekommen. Nach dem Bachelor habe ich zwei Jahre in Vollzeit an der Uni in Luxemburg gearbeitet und im Anschluss meinen Master in Deutsch als Fremdsprache, Kulturvermittlung an der FU Berlin gemacht. Auch hier habe ich elternunabhängiges Bafög erhalten und nebenbei an der Uni gearbeitet. Danach habe ich als Dozentin an der Ohio State University in den USA gearbeitet, dort einen weiteren Master in Germanistik und angewandter Linguistik absolviert und eine Promotion begonnen. Die Finanzierung des Studiums, der Promotion und des Lebensunterhalts in den USA lief/läuft über ein Stipendium und die Dozententätigkeit. Im Moment befinde ich mich in Elternzeit.

In welcher Form hat Sie die Schule auf das nachfolgende Studium/Ausbildung vorbereitet?

Neben einer Vollzeitbeschäftigung das Abitur nachzuholen war schon ein hoher zeitlicher Aufwand, was Motivation und Disziplin erfordert. Das war eine gute Vorbereitung auf das Studium. Weiterhin hat es mir geholfen, mich wieder in das Lernen einzufinden und mich mit neuen Themen auseinanderzusetzen. Zuletzt habe ich während meiner Schulzeit erst entschieden, was ich tatsächlich studieren und machen möchte.

Was waren die schönsten Eindrücke der Schulzeit?

Eine kleine Klasse, guter Zusammenhalt, neue Freundschaften, nette Lehrer. Die kleine Klassengröße war für das Lernen viel besser als übliche Klassengrößen von über 20 Schülern an Regelschulen. Unsere Lehrer hatten immer ein offenes Ohr und konnten natürlich auch wegen der geringen Schülerzahl besser auf uns eingehen. Außerdem fand ich vieles, was ich gelernt habe, sehr interessant, obwohl nicht alles unmittelbar relevant war für mein Studium. Aber ich lese und informiere mich ja auch heute noch über Themen, die nichts mit meiner Arbeit zu tun haben, weil es mich interessiert.

Wir hatten auch trotz der besonderen Situation und Doppelbelastung neben dem Job viel Spaß. Es ging uns allen ähnlich und das hat auch für ein besseres Verständnis und Zusammenhalt gesorgt. Wir hatten ja auch alle ein Ziel. Ich habe auch heute nach 11 Jahren noch Kontakt zu zwei Mitschülern und zwei Lehrern. Wir versuchen uns regelmäßig (ca. 1x pro Jahr) zu treffen.

Was würden Sie heutigen Studierenden des RVK mit auf den Weg durch die Schulzeit geben?

Auch wenn es manchmal schwer und stressig ist, neben dem Job oder aus anderen Gründen, haltet durch! Es lohnt sich. Vielleicht arbeitet ihr auch auf ein bestimmtes Ziel nach eurem Abschluss hin: Ausbildung oder Studium? Vielleicht habt ihr schon konkrete Vorstellungen? Dann lohnt es sich dafür weiterzumachen. Auch wenn ihr noch nicht genau wisst wie es nach dem Abschluss weitergehen soll. Nutzt diese Chance. Auch der Kontakt zu anderen Schülern und den Lehrern kann euch dabei helfen, Entscheidungen zu treffen und mögliche Wege nach dem Abschluss zu finden. Und, wie ich schon gesagt habe, trotz Doppelbelastung lohnt es sich, nicht nur für das danach, sondern auch währenddessen. Man findet neue Freunde und lernt interessante Sachen – auch wenn diese nicht alle unmittelbar relevant für die angestrebte Ausbildung oder das Studium sind. Es ist ja auch eine Art Horizonterweiterung. Ich glaube auch, dass ein Abschluss auf dem zweiten Bildungsweg ggf. neben einem Job dem Umfeld oder auch einem potenziellen späteren Arbeitgeber zeigen kann, wie belastbar man ist, also was man tatsächlich leisten kann. Darauf kann man schon stolz sein.