Eine Reise in die verschiedenen Klimazonen
Text und Fotos: Bettina Freund
Die Erde bietet einer Vielzahl von Pflanzen und Tieren einen Lebensraum. In den meisten Lebensräumen unterliegt die Temperatur jahreszeitlichen Schwankungen. Dies bedingt in charakteristischer Weise Blüte,Fruchtreife,Laubfall und Laubverfärbung der Pflanzenarten im jeweiligen Lebensraum. Die Entwicklung der Pflanzen spiegelt somit den jahreszeitlichen Temperaturgang wieder und kann als Indikator für das jeweilige Regionalklima ausgewertet werden.
Bei einer geobotanischen Exkursion der E2va/b in den Botanischen Garten der Ruhr-Universität Bochum konnten sich die Studierenden exemplarisch mit den Pflanzengesellschaften im tropischen Regenwald, der Wüsten der Erde und den Savannen auseinandersetzen. Nachdem alle mehr oder minder elegant die Anfahrt und die Parkplatzsuche gemeistert und zum Treffpunkt gefunden hatten, wurden zunächst mit Hilfe der Informationstafeln im Vorraum zu den Gewächshäusern und des im Unterricht erarbeiteten Wissens Fakten über die unterschiedlichen Lebensräume gesammelt. Die Ergebnisse stellten die einzelnen Arbeitsgruppen einander vor. Niederschlagsmengen, Durchschnittstemperaturen, Trockenperioden und Regenzeiten geben die abiotischen Grundbedingungen vor, denen sich die Pflanzen auf vielerlei Art und Weise anpassen. Mit Fragebögen ausgestattet, ging es dann in die einzelnen Gewächshäuser.
In der Wüste stehen eine möglichst geringe Verdunstung und Wassersparen an erster Stelle. Dieses Ziel wird auf verschiedene Art und Weise erreicht: Große Blattflächen sind dafür kontraproduktiv, daher werden Blätter bei Kakteen und Sukkulenten häufig zu Dornen reduziert. Auch Sprossachsen, Nebenblätter oder Wurzeln können zu Dornen umgewandelt werden, gleichzeitig auchein nützlicher Schutz gegen das Anknabbern durch Fressfeinde. Ein charakteristisches Beispiel ist die Gattung Wolfsmilch (Euphorbia), bei der verschiedene Dornenbildungen vorkommen: verbreitet sind Nebenblattdornen, daneben Langtriebdornen, sterile Blütenstandsstiele und Blattbasendornen.
Ein hoher, schlanker Wuchs bietet wenig Angriffsfläche für die Sonneneinstrahlung. Aber auch eine große Kugel hat ein günstiges Verhältnis von Oberfläche und Volumen, so dass hier die Verdunstung verringert wird. Der „Schwiegermutterstuhl“ ist sicher keine gemütliche Sitzgelegenheit, obwohl er eine ideale Sitzhöhe hat. Eine weitere Anpassungsmöglichkeit ist es, das eingestrahlte Sonnenlicht, so gut es geht, wieder zu reflektieren. Dazu dienen weiße, luftgefüllte Haare wie beim Greisenhaupt oder filzähnliche Überzüge auf Blättern. Während dieWelwitschia mirabilis, die nur in Namibia und Angola vorkommt, also eine sogenannte endemische Art ist, ihr ganzes, Jahrhunderte währendes Leben mit zwei Blättern auskommt, die mehrere Meter lang werden können, bilden andere Arten dicke Wasser speichernde Gewebe aus.
Doch wenn es in der Wüste regnet, explodiert ein Feuerwerk der Farben, wenn die Blüten hervorkommen. Im Savannenhaus stehen primär Gewächse aus Australien und Südafrika. Die dort lebenden Hartlaubgewächse sind immergrüne Bäume und Sträucher, die an periodische Trockenzeiten angepasst sind. Meist besitzen sie lederige, eingerollte oder nadelförmige Blätter, welche klein gehalten, steif und ziemlich langlebig sind. Zudem finden sich unter den Anpassungen an die Trockenzeit auch verschiedene Arten des Verdunstungsschutzes, wie eine Wachsschicht auf den Blättern oder ätherische Öle. Die Studierenden, die sich mit dieser Vegetationszone befasst hatten, ließen alle an Blattproben schnuppern. Ein intensiver Geruch, hervorgerufen durch die ätherischen Öle, breitete sich aus.
An einem Beispiel zeigte sich, dass die Blätter bei zu großer Hitze eingerollt werden und auf der glänzenden Oberseite eine Wachsschicht für den Verdunstungsschutz sorgt. Typische Vertreter sind die Eukalypten, von denen es viele verschiedene Arten gibt. In Australien gibt es das Gebiet der „Blue Mountains“. Sie heißen so, weil die Eukalypten so viel Öl absondern, dass über dem Waldgebiet eine blaue Dunstwolke liegt. Die Öle dienen u.a. als Fraßschutz, sind aber leicht entzündlich, so dass jedes Jahr große Waldbrände entstehen, die aber von den Eukalypten meist problemlos überstanden werden. Als absolute Nahrungsspezialisten fressen Koalas die Blätter einiger Arten. Damit ist ihr Verdauungssys tem aber auch so sehr beschäftigt, dass sie außer zur Paarungszeit ziemlich lethargisch sind. Dafür haben sie aber auch keine Konkurrenten um diese Nahrungsquelle zu fürchten. Im Savannenhaus stehen auch die Strelizien mit ihren reiherähnlichen Blüten. Sie sind robust gebaut, denn sie´werden von nektartrinkenden Vögeln bestäubt. Eine Art „Klappmechanismus“ öffnet die Blüte und lässt den Vogel ans begehrte süße Nass, bei der Nahrungsaufnahme wird dann der Pollen ans Gefieder geklebt und so zur nächsten Blüte transportiert.
Von der Savanne ging es zur nächsten Station, dem tropischen Regenwald. Hohe Luftfeuchtigkeit, kaum Temperaturschwankungen und – relative – Dunkelheit zeichnen diese Klimazone aus. Viele Pflanzen, deren Produkte aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind, stammen hier her. So machten die Experten für diese Vegetation auf Bananenstauden, Kakaopflanzen und den Ort, wo der Pfeffer wächst, aufmerksam. Die Pfefferpflanze ist eine ausdauernde, verholzende Kletterpflanze, die an Bäumen emporwächst und rund zehn Meter hoch werden kann. Die kleinen, unauffälligen Blüten stehen in ca. 10 Zentimeter langen Ähren mit 50 bis 150 Einzelblüten, aus denen sich in 8-9 Monaten die reifen Früchte entwickeln. Die ursprüngliche Heimat des Pfeffers ist Indien, inzwischen wird er aber auch in Indonesien, Malaysia, Vietnam und Brasilien angebaut. Wasser gibt es im Regenwald reichlich, aber der Platz an der Sonne ist schwer umkämpft. Im Vergleich zu einem echten Regenwald, sind die Pflanzen in einem Gewächshaus niedrig, Das oberste Stockwerk eines echten Regenwaldes liegt wesentlich höher und wird von wahren Baumriesen okkupiert, die locker über die üblichen 40m hinausragen. Wie kommt eine Pflanze also an genügend Licht? Entweder sie macht es dem Pfeffer nach und windet sich an einem Baum hoch oder sie besetzt gleich einen Platz in luftiger Höhe. Eine Astgabelreicht den meisten Epiphyten, um sich anzusiedeln. Da Nährsalze aufgrund des hohen Stoffdurchsatzes im Regenwald sowieso Mangelware sind, bekommen sie ihre aus bereits dort oben verrottenden Tier- und Pflanzenkadavern oder sie verschaffen sie sich durch Tricks wie die Kannenpflanzen. Diese locken mit Nektar Insekten in ihre mit Verdauungsenzymen versehenen glattrandigen Kannen und verdauen ihre hilflosen Opfer, die dort nicht wieder hinauskrabbeln können. Ein anderes Problem ist die Wasserversorgung, wenn die Wurzeln nicht bis zum Boden reichen. Dazu gibt es verschiedene Lösungen: zu Saugschuppen umgewandelte Blätter, die Wasser speichern können oder Rosetten aus steifen Blättern, wie man sie von der Ananas kennt, die allerdings am Boden wächst. Diese Blätter stehen am Grund so eng beieinander, dass sich dort Wasser sammeln kann. Herabfallende Pflanzenteile und tote Tiere können in diese Zisternen gelangen und werden dort durch Mikroorganismen zersetzt. Das Wasser und die darin ins Innere der Rosettenblätter geleitet. Die Orchideen des Regenwaldes besitzen Speicherorgane für Wasser und Nährstoffe oder schwammähnliche Strukturen, auch dickfleischige Blätter wie bei Wüstenpflanzen kommen vor.
So viel Input war anstrengend und während ein Teil der Studierenden dies erst einmal verdauen und sich erholen musste, machte sich eine kleine Gruppe auf zum Mittagessen und zur weiteren Erkundung der Uni. Natürlich durfte auch ein Blick in den Chinesischen Garten nicht fehlen, dort kann man gut entspannen.
Den im südchinesischen Baustil errichtete Garten im Garten stiftete die Tongji-Universität Shanghaider Ruhr-Universität als Zeichen der Freundschaft. Der Gartenname Qians Gartenbgeht auf Tao Qian (365–427 n. Chr.) zurück, einen bekannten Schreiber, dessen Bericht vom Pfirsichblütenquell sich seit Jahrhunderten in China großer Beliebtheit erfreut. In dieser Erzählung verirrt sich ein Fischer in ein Traumland namens „Pfirsichblütenland“. Dort führen die Menschen ein harmonisches und sorgenfreies Leben in einer wundervollen Umgebung. Und tatsächlich gab es dort auch Pfirsichblüten zu entdecken.