Schnuppern an der Uni – Summer School Bioethik
Summer School Bioethik Im Rahmen der InStudies an der Ruhr-Universität Bochum wurde von Seiten des Alfried-Krupp-Schülerlabors eine zweitägige Veranstaltung für Schüler der Oberstufe zu verschiedenen Fragen der Bioethik angeboten. Eine kleine Gruppe Studierender des Rahel-Varnhagen-Kollegs nahm daran teil.
Die Themen waren anspruchsvoll und reichten von Stammzellenforschung, PID (Präimplantationsdiagnostik)/PND (Pränataldiagnostik), Human Enhancement, über die Grüne Gentechnik und Klimawandel/Nachhaltigkeit bis hin zur Tierethik, Organspende und Sterbehilfe. Bereits im Vorfeld wurden Materialien zum Einlesen zur Verfügung gestellt und das eine oder andere Thema im Unterricht angesprochen. Vor Ort bekamen die Studierenden dann Hilfestellung von Studierenden der Uni Bochum, die sich innerhalb von zwei Wochen auf die verschiedenen Themen vorbereitet hatten und die jeweiligen Workshops begleiteten. Dort war zunächst harte Arbeit angesagt, was sollte man sich z.B. unter „Human Enhancement“ vorstellen? Anhand von Informationsmappen konnte man erfahren, dass das Spektrum von „Verbesserungen am Menschen“ breit gefächert ist und sich von einer Prothese oder Schönheitsoperation über das Doping beim Radrennen bis hin zum Designerbaby erstreckt. Aber ist alles, was machbar ist, auch ethisch vertretbar? Sicherlich wird niemand jemandem, dem ein Cochleaimplantat zum Hören und Sprechenlernen verhilft, diese Möglichkeit verweigern, aber wie sieht es mit der Verwendung von Antidepressiva zur Stimmungsaufhellung oder ADHS-Präparaten bei Gesunden zur Konzentrationssteigerung etwa bei Prüfungen aus? Wie fair ist so etwas anderen Prüfungskandidaten gegenüber? Ist Leistungssteigerung um jeden Preis die Lösung in unserer immer hektischeren Gesellschaft? Welche gesundheitlichen und gesellschaftlichen Nebenwirkungen kauft man mit der Leistungssteigerung ein? Sind wir auf dem Weg in eine Zweiklassengesellschaft, in der der Gutverdienende sich Verbesserungen leisten kann und der Arbeitslose eben nicht? Nach dem Studium der Infomappen wurde diskutiert, teilweise sogar so intensiv, dass die Mittagspause zweitrangig wurde. Ziel der Workshops war es, Pro und Contra zu den Themen herauszuarbeiten und zum Nachdenken anzuregen. Dabei zeigten sich durchaus Unterschiede zwischen den Studierenden des RVK, die deutlich mehr Lebe nserfahrung und Reflexion mit in die Diskussionen einbringen konnten, als die jüngeren Schüler der Oberstufen von Gesamtschulen und Gymnasien. Dafür ernteten sie etliches Lob von den Betreuern der Workshops. Zu jedem Thema wurde eine Powerpoint –
Präsentation angefertigt, denn am Freitag wurden die Arbeitsergebnisse jeder Gruppe im Plenum vorgestellt. Vor über hundert Zuhörern in einem professionellen Vortragsraum zu referieren, den Faden nicht zu verlieren und sich anschließend auch noch in der Diskussion Fragen des Auditoriums zu stellen, das gab schon einen Vorgeschmack auf ein späteres Studium. „Das sagen wir dazu“ illustrierte zusammenfassend die Meinung, die sich die jeweilige Arbeitsgruppe zum Thema gebildet hatte, in der Abbildung beim Referat zur Stammzellforschung. Einige Themen waren so komplex, dass die Erklärungen mehr als die vorgegebene Redezeit brauchten. Wie bei wissenschaftlichen Symposien, gab es zunächst einen Hinweis mit der gelben Karte, dass sich die Redezeit dem Ende näherte. Wurde mit der roten Karte gewinkt, musste abgebrochen werden, auch wenn es noch so wichtige und spannende Aspekte gab. Gerade bei Themen wie der,grünen Gentechnik gibt es komplizierte rechtliche Vorgaben in der EU und im außereuropäischen Ausland, von dem aber beispielsweise Tierfutter, das auf gentechnisch veränderten Pflanzen basiert, importiert wird. Zu vielen Themen wurde im Plenum lebhaft diskutiert. Wie weit kann das „zivilisierte“ Westeuropa anderen Ländern vorschreiben, wie sie mit´modernen Forschungsmethoden zu verfahren haben?
Darf ein Land, dessen Bevölkerungswachstum enorm hoch ist, sich nicht die preiswerteste Möglichkeit schaffen, seine Einwohner zu ernähren? Hätten die Hersteller des Contergan damals an schwangeren Mäusen Tests durchgeführt, wäre vielleicht fatale Auswirkungen auf die Entwicklung des frühen Embryos hat und viele der damaligen Contergan-Kinder wären gesund auf die Welt gekommen. Sind Tierversuche also unerlässlich, um Schaden von Menschen abzuwenden? Können menschliche Zelllinien, wie die seit langem in Forschunglaboratorien etablierten HeLa-Zellen, Tierversuche ersetzen? Ist es gerechtfertigt, Kosmetika, die ja nun nicht lebensnotwendig sind, an Tieren auszuprobieren? Ist das Leben eines Haustiers mehr wert, als das eines Rinds oder Schweins, das in unserem Hamburger endet? Der Vortrag zur Tierethik berührte wohl jeden. Beim Mensabesuch konnte dann jeder eventuell gefasste Vorsätze in die Tat umsetzen, denn das Angebot umfasste auch vegetarische Gerichte. Überhaupt boten die Pausen Gelegenheit, sich weiter an der Uni umzusehen, an einer Führung durch den Botanischen Garten teilzunehmen oder das AudiMax und die astronomischen Beobachtungskuppeln auf dem NA-Gebäude kennenzulernen. Bei einer wohlverdienten Tasse Kaffee im „Edwards“, der Cafeteria in der Universitätsbibliothek, wurden die Eindrücke ausgetauscht: „Die Uni ist eine eigene kleine Stadt.“, „Etwa 40 000 Studierende -kaum vorstellbar.“, „Jetzt weiß ich, dass ich ein gut es Abi schaffen muss, ich will hier auf jeden Fall studieren!“ Auch erste Kontakte zu Fakultäten wurden geknüpft und Informationsflyer gesammelt, um aus dem Schnuppern an der Uni später vielleicht ein Studium zu machen. Schade, dass nur wenige Studierende des RVK die Möglichkeit dazu ergriffen haben, einmal bereits wie ein ordentlicher Studierender der Uni in einem Seminar zu arbeiten und eine Veranstaltung mitzugestalten.